Resilient zur neuen Normalität

 Resilient zur neuen Normalität
Im Gefolge von Krisen stehen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik am Beginn einer neuen Normalität. Das 28. Rheintaler Wirtschaftsforum, das am Freitag vor ausverkauftem Haus über die Bühne ging, widmete sich dieser neuen Normalität. Sie lässt sich mit zwei wesentlichen Fähigkeiten bewältigen: mit Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit.

Mit dem ehemaligen Bundesrat Kaspar Villiger, der Sulzer-Verwaltungsratspräsidentin Suzanne Thoma, Korpskommandant Hans-Peter Walser und Johannes Gutmann, dem Eigentümer der Sonnentor Kräuterhandels GmbH, war das 28. Rheintaler Wirtschaftsforum wieder hervorragend besetzt. Musikalischer Überraschungsgast war der aus Balgach stammende Alexander Frei, bekannt als Crimer.

Hausgemachte Probleme

Kaspar Villiger ist mit bald 82 Jahren, 20 Jahre nach dem Rücktritt aus dem Bundesrat, nach wie vor ein weiser Beobachter der Politik und gefragter Ratgeber. Das bewies er auch am Rheintaler Wirtschaftsforum. Er erinnerte daran, dass die liberale Demokratie eine nicht angeborene Staatsform sei, sondern wegen ihrer Verletzlichkeit ständig der sorgsamen Pflege bedürfe. Viele der heutigen Probleme in Demokratien seien hausgemacht, insbesondere, weil häufig das Populäre und nicht das Notwendige angestrebt werde. Es braucht gemäss Villiger «auch in der besten Demokratie eine lebendige Zivilgesellschaft, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigt und die aktiv ihre Werte lebt». Besonders wichtig sei, resilient zu bleiben, indem Demokratien ihre Hausaufgaben lösten, sich militärisch verteidigten, zusammenstünden und Wege fänden, mit Autokratien zu koexistieren.

Krieg und Frieden

Korpskommandant Hans-Peter Walser, Ausbildungschef der Schweizer Armee, skizzierte die neue Sicherheitslandschaft im Gefolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Heute lasse sich keine klare Grenze mehr zwischen Krieg und Frieden ziehen. Cyberattacken durch einen Aggressor gehörten ebenso dazu wie das Zielen auf die schwächsten und auf wirtschaftliche Ziele. Walser nannte das Beispiel China, das mit seinen wirtschaftlichen Beteiligungen im Westen ganz bewusst Abhängigkeiten schaffe. Komme es zu einem militärischen Angriff, finde dieser auf mehreren Ebenen statt, auch im Cyberraum, im Weltraum, im Informationsraum. Militärisch entschieden würden Kriege aber weiterhin am Boden. Aus Sicht von jungen Schweizerinnen und Schweizern lohne es sich nach wie vor, so das naheliegende Fazit Walsers, Militärdienst zu leisten und sich dort weiterzubilden.

Ein Lob auf die Nüchternheit

Zu den Herausforderungen an die Wirtschaft und die Unternehmensführung äusserte sich Suzanne Thoma, Verwaltungsratspräsidentin und CEO von Sulzer. Auch sie betonte die Bedeutung einer resilienten Entwicklung. Die Schweizer Wirtschaft sieht sie auf globaler Ebene mehr unter Druck «als wir es gerne hätten», dies insbesondere aufgrund der starken Exportorientierung der Schweiz. Durch die Deglobalisierung werde es in den nächsten Jahren ungemütlicher werden. Den Unternehmen bleibe nur eine Lösung: «Wir müssen zurückkommen zu einer gewissen Nüchternheit.»

Sonne in die Sporthalle Aegeten brachte Johannes Gutmann, Eigentümer der Sonnentor Kräuterhandels GmbH aus Österreich. Er gründete 1988 im Waldviertel an der tschechischen Grenze pionierhaft einen kleinen Biobetrieb, gemeinsam mit drei Bauern. Daraus geworden ist ein Unternehmen mit heute 500 Mitarbeitenden und 900 Produkten aus der ganzen Welt. Gutmann erzählte die Geschichte seiner Firma als eine Geschichte von Bauern, die frei werden wollten. Er nannte eine Reihe von Erfolgsfaktoren: Empathie, mit Blick auf das Gemeinwohl, Wertschätzung verbunden mit Wertschöpfung, Sinnmaximierung statt Gewinnmaximierung. Und vor allem: «Ich wollte Gleichgewicht und ein gutes Leben.»

Ein Stern der Rheintaler Wirtschaft

Die Sterngarage in Heerbrugg ist am Wirtschaftsforum mit dem «Preis der Rheintaler Wirtschaft 2023» geehrt worden. Aus den Händen von Jurypräsident Klaus Brammertz konnte das Ehepaar Klara und Bruno Bischofberger, die Patrons des Familienunternehmens, die Preisskulptur in Empfang nehmen. Die Garage mit ihren 70 Mitarbeitenden zeichnet sich durch Innovationen und vorbildliche Mitarbeiterführung aus. Brammertz würdigte Klara und Bruno Bischofberger als Symbol eines Rheintaler Unternehmerpaares, das mit Mut in die Zukunft gehe. Das Unternehmen versorgt sich zu rund 60 Prozent mit erneuerbarer Energie, 30 Prozent der Firmenanteile befinden sich in den Händen der Mitarbeitenden. Ende des kommenden Jahres wird die Sterngarage in einem Neubau in Au mit dem Partnerbetrieb, der Kriessner Zollgarage, zusammengeführt. Der «Preis der Rheintaler Wirtschaft» wurde am Freitag zum 29. Mal verliehen.